In ferner Urzeit, da es noch keine Menschen gab, dringt keine Erinnerung zurück. Nur die Sage weiß uns aus dieser Zeit zu berichten, wie die Welt zustande gekommen ist und woher die Wesen stammen, die sie bevölkerten. In jener Zeit gab es drei große Bereiche: die Erde, das Meer und das einen gewaltigen Raum umfassende Himmelsgewölbe. Auf der Erde fehlte es gänzlich an menschlichen Lebewesen, es gab nur die Asen – die Götter. Ihre Aufgabe lag darin, eine Ordnung der Welt und Bewohner herzustellen. Um der Erde eine Orientierung zu verschaffen, stellte Odin, einer der Asen, an vier Enden der Welt einen Zwerg. Die vier Zwerge hießen: Oster, Wester, Norder, Suder und davon sind noch heute die vier Himmelsrichtungen bekannt. Aber noch fehlte es an Bewohnern für die Erde. Da gingen einmal Odin und seine Brüder Villi und Ve am Meeresstrande entlang und fanden dort zwei Baumstämme. Diesen gaben sie Menschengestalt und Odin verlieh ihnen den Atem und das Leben. Villi schenkte ihnen den Verstand und die Fähigkeit sich zu bewegen, Ve aber Antlitz und Rede, Gehör und Sehkraft. Den Mann nannten sie Askr, die Frau Embla. Dieses war der Ursprung des Menschengeschlechts. Das Geschlecht der Asen vervollständigte sich, als Odin Frigga zur Ehe nahm. Sein erster Sohn war Thor , der durch seine riesige Kraft alle übertraf.

Die Asen wählten als ihren Wohnsitz den Raum mitten in der Welt und nannten ihn nach ihrem Geschlecht ASGARD, den Garten der Asen. Odin’s Sitz hieß Hlidskjalf und von dort aus konnte er alles sehen, was in der Welt vorging. Ihre heilige Gerichtsstätte hatten die Asen am Stamm der Esche Yggdrasil . Dieser Baum war der größte und mächtigste, er breitete seine Zweige über die ganze Welt aus, während seine Spitze bis in den Himmel ragte. Drei Wurzeln halten den Baum und tragen ihn aufrecht. Unter der einen liegt das Totenreich, in das die Menschen nach ihrem Lebensende eingehen, unter der zweiten wohnten die Reifriesen, unter der dritten aber wurde den Menschen ihre Wohnstätte zugewiesen. Diesen Bereich schützten sie durch einen Wall und nannten ihn Midgard. Unter der Weltesche Yggdrasil entsprangen drei Quellen. In der einen hauste der Drache Nidhögg . Er haßte die Welt und war nur darauf bedacht, die Esche zu fällen, denn wenn sie fiel, ging auch die Welt zu Ende. Die zweite Quelle hieß Mimirs und in ihr sind Weisheit und Wissen geborgen. Die dritte ist die Quelle Urd . Dort wohnten die drei Schwestern Urd , Verdandi und Skuld . Man nennt sie auch die Nornen, die das Schicksal bestimmen. So war nun alles in der Welt gut eingerichtet, die Asen und Menschen wohnten in Frieden beieinander und kannten keinen Streit. Die Menschen hatten Midgard und die Asen wohnten in Asgard.

Doch die Ordnung sollte nicht immer zur Zufriedenheit aller ihrer Bahnen gehen. Obwohl Odin scharf über die Ordnung wachte, wurde von verschiedenen Seiten versucht, sie ins Wanken zu bekommen. Odin wußte genau, dass die Zeit des Kampfes um die Welt kommen würde und in Walhalla noch viele Krieger begraben werden. Ein großer Feind der Asen als auch der Menschen waren die Riesen. Sie wollten am liebsten die Weltherrschaft übernehmen. Die fürchteten aber die Waffen der Asen, ganz besonders den Hammer Mjölnir von Thor. Solange dieser im Besitz der Asen war, brauchten Zwistigkeiten nicht befürchtet werden. Innerhalb Asgards sorgte Odin für Ordnung, hier war Freyja, eine der anmutigsten Frauen unter den Asen, hier war Loki, Spender des guten Rates und seine Tochter Hel, Herrin des Totenreiches und viele aus dem Geschlecht der Asen mehr.

Eines Tages entlieh Loki von Freyja deren Federkleid und flog damit zu den Riesen. Er kam zu dem Hofe des Riesen Geirröd . Neugierig setzte er sich auf die große Halle dort und schaute durch das Lichtloch ins Innere. Dabei sah ihn Geirröd und verlangte, man solle ihm den Vogel bringen. Der Mann, der diesen Auftrag ausführen sollte, bemühte sich das steile Dach zu erklimmen und Loki wollte, sobald er ihn griff, sich in die Luft erheben. Doch er war in der Falle, seine Füße klebten fest und Geirröd erkannte sofort, dass dies kein Vogel war und verlangte Auskunft. Loki aber schwieg. Über dieses Schweigen entzürnt, ließ Geirröd Lokiin eine Kiste sperren und drei Monate hungern. Als man ihn danach wieder befragte war er so zermürbt, dass er alles sagte, was Geirröd von ihm wissen wollte. Seine Freilassung sollte er aber nur erlangen, wenn er dafür sorgen würde, dass Thor ohne seinen Hammer und ohne seinen Kraftgürtel Geirröds Gehöft aufsuche. Loki versprach es. Als Loki wieder in Asgard angelangt war, erzählte er Thor von der Einladung, verschwieg aber, dass alles unter Zwang geschah. Er fügte hinzu, Thor möge seinen Hammer und seinen Kraftgürtel zu Hause lassen, da Geirröd seine friedliche Absicht anzweifeln könnte. Thor glaubte Lokis Worten und machte sich auf den Weg. Zur Nacht kehrte er bei einer Frau namens Grid ein. Obwohl sie dem Geschlecht der Riesen entstammte, war sie den Asen wohlgesonnen. Sie erkannte sofort, dass die Einladung falsch war und Thor auf das Schlimmste gefasst sein müsste. Um ihn den Besuch auf Geirröds Hof zu erleichtern lieh Grid Thor drei Dinge: Ihren Stab Gidarvöl, Ihre Eisenhandschuhe und ihren Kraftgürtel. Als Thor nun bei Geirröd ankam, wurde ihm als Herberge das Ziegenhaus zugewiesen. Er setzte sich auf den einzigsten Stuhl nieder, merkte aber alsbald, dass sich dieser mit ihm in die Höhe hob. So kam er bald dem Dachfirst bedenklich nahe und erkannte die Gefahr, erdrückt zu werden. Da stemmte er den Stab Gidarvöl mit voller Kraft gegen die Dachsparren und drückte nach unten. Es gab ein lautes Krachen und ein Schmerzensgeschrei folgte. Unter dem Stuhl waren nämlich Geirröds Töchter Gjalp und Greip verborgen gewesen und hatten versucht, Thor zu töten; dieser aber hatte ihnen das Rückgrat gebrochen.

Geirröd ließ nun Thor in die Halle rufen und forderte ihn zum Wettkampf heraus. Aus dem großen Feuer, dass dort im Ofen brannte, griff Geirröd mit einer Eisenzange einen glühenden Eisenklumpen und schleuderte ihn gegen Thor . Dieser packte, dank seiner Eisenhandschuhe, das Wurfgeschoß und warf es gegen Geirröd zurück. Dieser sprang schnell hinter einen Eisenpfosten, um sich zu decken. Aber der Eisenklumpen durchschlug nicht nur den Pfosten, sondern durchbohrte auch Geirröd . So hatte der Anschlag auf Thor , zu dessen Ausführung Loki die Hand geboten hatte, ein furchtbares Ende für die Riesen genommen. Als dieses bekannt wurde, stieg der Ruhm Thors auf das Höchste, die Riesen aber fürchteten ihn mehr als je zuvor.

Bei der Gründung des FREIEN PFADFINDERBUNDES ASGARD und bei seiner Namensgebung wurde mehr an die Asen, als an die gesamte nordische Sage gedacht. Der Bund soll, wie Asgard schon in der Sage erwähnt, das Gute schätzen , pflegen und vervollständigen, das Böse aber bekämpfen und aus dem Bund ausschließen. Schon wie in der Sage erwähnt, sollen alle Mitglieder den Bund vor Äußerlichen Gefahren und Intrigen schätzen und brüderlich zusammenhalten. Wie Odin für die Aufrechterhaltung Gesetze erließ und scharf darüber wachte, dass sie eingehalten werden, so gilt für den Freien Pfadfinderbund Asgard das Pfadfindergesetz. Über die Einhaltung wacht jedes Mitglied, denn das ist die Stärke des Bundes. Schon wie in der Sage werden im Bund keine Bestrafungen durchgeführt, wenn nicht der Thing dieselbe vorher beschlosssen hat.
Da der Freie Pfadfinderbund Asgard keinen Odin besitzt, so wacht dort ein Bundesfeldmeister über die täglichen Sorgen der Gemeinschaft, denn das Ziel des Bundes bleibt es, genau wie in der Sage nacherzählt, eine innerlich und äußerlich feste Gemeinschaft zu bilden und zu erhalten.

Erzählt und nacherzählt von:

Hans H. Kowalewski.

Quellen

Feuervogel 2/88, 3/88, 4/88

Namensbeschreibungen entnommen bei:

Das Mythentor